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Newsletter Oktober 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachfolgend informieren wir Sie über Wissenswertes und Neues aus dem Wirtschafts- und Steuerrecht. Wenn Sie Fragen zu diesen oder anderen Themen haben, informieren Sie sich auf unserer Homepage oder vereinbaren Sie bitte einen Besprechungstermin mit uns.

Inhalt

  1. Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 liegt vor
  2. Entlastungen durch das Inflationsausgleichsgesetz
  3. Finanzamt nimmt Rücksicht wegen gestiegener Energiekosten
  4. Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt
  5. Reduzierte Umsatzsteuer auf Gas
  6. Steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro
  7. Frist für die Grundsteuererklärung wird bis Januar 2023 verlängert
  8. Organschaft einer GmbH & Co. KG
  9. Beginn einer Außenprüfung durch Anforderung von Unterlagen
  10. Zuzahlungen für Familienheimfahrten mit dem Dienstwagen
  11. Abzugsverbot gilt auch für Prozesskosten eines Dritten
  12. Vorsteuerabzug aus Leistungen für private Interessen nicht möglich

Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 liegt vor

Die Bundesregierung hat den Regierungsentwurf für das Jahressteuergesetz 2022 verabschiedet, mit dem auch Teile des neuen Entlastungspakets im Steuerrecht umgesetzt werden.

Nachdem das Bundesfinanzministerium im August den Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2022 vorgelegt hat, kam schon im September der überarbeitete Regierungsentwurf. Darin hat die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen aus ihrem dritten Entlastungspaket und weitere Ergänzungen eingearbeitet. Das Gesetz ist wie jedes Jahressteuergesetz ein Omnibusgesetz mit entsprechend großem Umfang: 178 Seiten umfasst der Regierungsentwurf – 36 Seiten mehr als der erste Gesetzentwurf.

Bundestag und Bundesrat sollen den Entwurf nun beraten und bis Mitte Dezember verabschieden. Auf die deutschen Steuerzahler kommen dann zahlreiche Änderungen im Steuerrecht zu. Darunter sind Anpassungen an EU-Recht sowie Reaktionen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs. Neben vielen solcher Detailänderungen, Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und Fehlerkorrekturen gibt es auch eine ganze Reihe substanzieller Änderungen. Mehr als die Hälfte der veranschlagten Steuermindereinnahmen durch das Gesetz entfällt auf nur eine Änderung, nämlich die Vorziehung der vollen steuerlichen Abziehbarkeit von Rentenbeiträgen. Hier sind alle wichtigen Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022 im Überblick:

  • Home Office-Pauschale: Die Home Office-Pauschale in Höhe von 5 Euro pro Tag, die bisher bis Ende 2022 befristet ist, bleibt dauerhaft bestehen. Außerdem wird der maximale Abzugsbetrag von 600 Euro auf 1.000 Euro pro Jahr angehoben, was einer beruflichen Tätigkeit im Home Office an 200 Tagen im Jahr entspricht. Wer mehrere Tätigkeiten im Home Office ausübt, muss sowohl die Tagespauschale als auch den Höchstbetrag auf die verschiedenen Tätigkeiten aufteilen. Ein mehrfacher Ansatz der Pauschale ist also nicht zulässig. Dafür ist der Abzug der Home Office-Pauschale unabhängig davon möglich, ob die Tätigkeit in einer Arbeitsecke oder im häuslichen Arbeitszimmer erfolgt und unabhängig davon, ob es der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit ist oder ein anderer Arbeitsplatz existiert.
  • Häusliches Arbeitszimmer: Wer ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich geltend machen kann, muss sich ab 2023 ebenfalls auf Änderungen einstellen. Wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wird der bisherige Höchstbetrag von 1.250 Euro in eine Jahrespauschale umgewandelt, die unabhängig vom Nachweis der tatsächlichen Kosten steuerlich abziehbar ist. Die Jahrespauschale ist raumbezogen, muss also aufgeteilt werden, wenn das Arbeitszimmer für mehrere Tätigkeiten desselben Steuerzahlers oder von mehreren Personen im selben Haushalt genutzt wird. Ist das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der gesamten Betätigung, können wie bisher die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden. Der Steuerzahler kann hier zwischen der Jahrespauschale und dem Ansatz der tatsächlichen Kosten wählen. Allerdings sind die Kosten des Arbeitszimmers in solchen “Mittelpunktsfällen” nur noch dann steuerlich abziehbar, wen n außerdem für die darin ausgeübten Tätigkeiten dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Andernfalls bleibt nur der Ansatz der Home Office-Pauschale für die Tage, in denen die Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird.
  • Gebäudeabschreibung: Der jährliche lineare AfA-Satz für nach dem 30. Juni 2023 fertiggestellte Gebäude, die Wohnzwecken dienen, wird von 2 % auf 3 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten angehoben und damit der Abschreibungszeitraum von bisher 50 auf 33 Jahre verkürzt. Im Gegenzug wird die Ausnahmeregelung aufgehoben, nach der bisher in begründeten Ausnahmefällen der Abschreibungszeitraum nach einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden kann. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gab es hier nämlich immer mehr Anträge auf eine verkürzte Abschreibungsdauer. Die generelle Verkürzung soll daher Bürokratieaufwand reduzieren. Die Ausnahmeregelung gilt allerdings weiterhin für Gebäude, für die bereits vor 2023 die Abschreibung aufgrund einer kürzeren Nutzungsdauer vorgenommen wurde. Pech haben also alle Immobilieneigentümer, die im kommenden Jahr eine Bestandsimmobilie erwerben oder deren Gebäude nach dem Jahreswechs el, aber vor dem 30. Juni 2023 fertiggestellt wird.
  • Photovoltaikanlagen I: Ab 2023 werden verschiedene steuerliche und bürokratische Hürden bei der Installation und dem Betrieb von Photovoltaikanlagen abgebaut. Dazu wird eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kWp auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kWp je Wohn- und Gewerbeeinheit bei Mehrfamilienhäusern, gemischt genutzten Immobilien und anderen überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden eingeführt. Insgesamt sind pro Steuerzahler oder Mitunternehmeranteil höchstens 100 kWp von der Steuerbefreiung umfasst. Die Steuerbefreiung ist dabei unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Werden in einem Betrieb nur steuerfreie Einnahmen aus begünstigten Photovoltaikanlagen erzielt, muss kein Gewinn mehr ermittelt und damit auch keine Anlage EÜR mehr abgegeben werden. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften führt der Betrieb von Photovolta ikanlagen, die die begünstigten Anlagengrößen nicht überschreiten, nicht zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte. Damit können künftig auch vermögensverwaltende Personengesellschaften auf ihren Mietobjekten Photovoltaikanlagen von bis zu 15 kWp je Einheit (max. 100 kWp) installieren und ihre Mieter mit selbst produziertem Strom versorgen, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen.
  • Photovoltaikanlagen II: Für die Lieferung und Installation sowie für den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Einfuhr von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern fällt ab 2023 keine Umsatzsteuer mehr an. Damit entfällt der Vorsteuerabzug als Grund für einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung, weil die Lieferung von Photovoltaikanlagen ohnehin nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet ist. Die Kleinunternehmerregelung ist für die Betreiber einer Photovoltaikanlage somit künftig in der Regel nicht mehr mit finanziellen Nachteilen verbunden. Da auch die Installation einem Nullsteuersatz unterliegt, müssen Anbieter künftig auch nicht zwischen Lieferungs- und Dienstleistungselementen abgrenzen. Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes auf Photovoltaikanlagen ist, dass die Anlage auf oder in der Nähe von Wohnungen oder von Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Zur Vereinfachung gilt die se Voraussetzung als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage nicht mehr als 30 kWp beträgt. Die Regelung verhindert in einem Großteil der Fälle, dass sich der Lieferant beim Käufer über die Nutzungsart des Gebäudes informieren muss, um den korrekten Steuersatz anzuwenden, während ihm die Leistung der gelieferten Anlage in der Regel bekannt sein dürfte.
  • Bewertungsrecht: Im Bewertungsgesetz werden durch das Jahressteuergesetz 2022 zahlreiche Änderungen vorgenommen und insbesondere die Regelungen zur Verkehrswertermittlung an die neue Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) angepasst. Mit den ab 2023 anzuwendenden Änderungen werden das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte ImmoWertV angepasst. Damit soll sichergestellt werden, dass die von den Gutachterausschüssen ermittelten sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten weiterhin bei der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer sachgerecht angewendet werden können. Durch die Änderungen können sich im Einzelfall empfindlich höhere Bewertungsansätze für Immobilien ergeben. Wer eine vorweggenommene Erbfolge noch zu den alten Werte n realisieren will, muss dies daher bis zum Jahreswechsel vollzogen haben. Darüber hinaus erfolgen Anpassungen an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie an die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung.
  • Altersversorgung: Der bisher erst für das Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen wird aufgrund der Urteile des Bundesfinanzhofs zur Doppelbesteuerung von Renten auf das Jahr 2023 vorgezogen. Die vollständige Abzugsfähigkeit ab 2023 hat zur Folge, dass sich die abzugsfähigen Altersvorsorgeaufwendungen im Jahr 2023 um 4 % und im Jahr 2024 um 2 % erhöhen.
  • Kurzfristige Beschäftigung: Nicht zuletzt wegen der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns wird ab 2023 die Arbeitslohngrenze für die Pauschalversteuerungsoption bei kurzfristiger Beschäftigung von 120 Euro auf 150 Euro je Arbeitstag angehoben.
  • Sparer-Pauschbetrag: Der Sparer-Pauschbetrag wird wie im Koalitionsvertrag vorgesehen ab 2023 von 801 auf 1.000 Euro für Alleinstehende und bei Zusammenveranlagung von 1.602 auf 2.000 Euro erhöht. Um die Anhebung des Pauschbetrags möglichst einfach zu halten, werden bereits erteilte Freistellungsauträge automatisch um knapp 25 % erhöht.
  • Ausbildungsfreibetrag: Der Freibetrag für den Sonderbedarf eines auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes in Berufsausbildung, für das Anspruch auf Kindergeld besteht, wird ab 2023 von 924 Euro auf 1.200 Euro je Kalenderjahr angehoben.
  • Grundrentenzuschlag: Der Grundrentenzuschlag soll die Lebensleistung von Menschen anerkennen, die mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert waren. Dieser Zuschlag soll rückwirkend ab 2021 steuerfrei gestellt werden.
  • Spitzensteuersatz 2007: Zur Umsetzung der Vorgaben eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts wird die Begrenzung des Spitzensteuersatzes auf 42 % für die Gewinneinkünfte des Jahres 2007 rückwirkend aufgehoben. Damit gilt für die wenigen noch offenen Veranlagungsfälle aus dem Jahr 2007 auch für Gewinneinkünfte ab einem Einkommen von 250.000 Euro (Einzelveranlagung) bzw. 500.000 Euro (Zusammenveranlagung) die “Reichensteuer” von 45 %.
  • Öffentliche Leistungen: In der Abgabenordnung wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, um einen direkten Auszahlungsweg für öffentliche Leistungen über die steuerliche Identifikationsnummer aufzubauen. Dadurch soll eine bürokratiearme und betrugssichere Möglichkeit entstehen, öffentliche Leistungen wie das Klimageld direkt an die Bürger auszuzahlen. Zu diesem Zweck wird eine rechtliche Grundlage für die Speicherung einer Kontoverbindung (IBAN) aller in Deutschland gemeldeten Bürger in der IdNr-Datenbank geschaffen. Die in der IdNr-Datenbank gespeicherte IBAN unterliegt dabei einer engen Zweckbindung.

 

Entlastungen durch das Inflationsausgleichsgesetz

Mit dem Inflationsausgleichsgesetz sollen die mit der kalten Progression verbundenen schleichenden Steuererhöhungen gedämpft und Familien steuerlich unterstützt werden.

Schon länger hat die Bundesregierung den inzwischen regelmäßig erfolgenden Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer angekündigt und die Ankündigung im Rahmen des dritten Entlastungspakets wiederholt. Im September hat die Regierung nun den Entwurf für ein Inflationsausgleichsgesetz vorgelegt und an die Parlamente zur Beratung weitergeleitet.

Die Anpassungen sollen nicht nur steuerliche Mehrbelastungen vermeiden, sondern bedeuten auch weniger Verwaltungsaufwand: Für über 270.00 Steuerzahler fällt damit auch die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung weg. Das betrifft unter anderem rund 75.000 Rentner. Im Einzelnen sind folgende Änderungen geplant:

  • Grundfreibetrag: Der auch als steuerfreies Existenzminimum bekannte Grundfreibetrag wird zum 1. Januar 2023 um 285 Euro auf 10.632 Euro angehoben. Für 2024 ist eine weitere Anhebung um 300 Euro auf 10.932 Euro vorgesehen.
  • Steuertarif: Die sogenannten Tarifeckwerte werden entsprechend der erwarteten Inflation nach rechts verschoben. Das heißt, der Spitzensteuersatz soll 2023 bei 61.972 statt bisher 58.597 Euro greifen, 2024 soll er ab 63.515 Euro beginnen. Damit wird der Effekt der kalten Progression ausgeglichen. Im Durchschnitt sollen Arbeitnehmer dadurch im nächsten Jahr 192 Euro mehr netto haben als in diesem Jahr, wenn sich ihr Einkommen nicht ändert. Besonders hohe Einkommen (die sogenannte Reichensteuer) ab 277.836 Euro sind ausdrücklich von dieser Anpassung ausgenommen.
  • Kindergeld: Das Kindergeld wird zum 1. Januar 2023 für das erste, zweite und dritte Kind auf einheitlich 237 Euro pro Monat angehoben. Für das erste und zweite Kind entspricht das einer Anhebung um 18 Euro, für das dritte Kind um 12 Euro.
  • Kinderfreibetrag: Korrespondierend zur Anhebung des Kindergelds werden auch die Kinderfreibeträge für die Jahre 2022 bis 2024 angehoben, und zwar für 2022 rückwirkend von 2.730 Euro um 80 Euro auf 2.810 Euro. In 2023 steigt der Freibetrag pro Elternteil dann um 70 Euro auf 2.880 Euro und 2024 nochmals um 114 Euro auf 2.994 Euro.
  • Unterhaltshöchstbetrag: Bereits zwei Mal wurde der Grundfreibetrag für dieses Jahr angehoben, ohne dass die sonst übliche korrespondierende Anpassung des Unterhaltshöchstbetrags erfolgt wäre. Dies wird nun nachgeholt und der Unterhalthöchstbetrag für 2022 steigt von 9.984 Euro auf 10.347 Euro. Außerdem wird die Anpassung für die Zukunft automatisiert, indem der Unterhaltshöchstbetrag künftig immer auf den jeweils gültigen Grundfreibetrag verweist.

 

Finanzamt nimmt Rücksicht wegen gestiegener Energiekosten

Das Bundesfinanzministerium hat die Finanzämter angewiesen, die ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume zugunsten der von gestiegenen Energiekosten belasteten Steuerzahler zu nutzen.

Die Folgewirkungen des völkerrechtswidrigen Überfalls Russlands auf die Ukraine und der daraus resultierenden Sanktionen sind auch für die Bürger und Unternehmen in Deutschland schwerwiegend. Das Bundesfinanzministerium hat daher in Absprache mit den Ländern die Finanzämter angewiesen, diese besondere Situation bei nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen angemessen zu berücksichtigen.

Den Finanzämtern stehen im Rahmen der allgemeinen rechtlichen Vorgaben neben der Herabsetzung von Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer eine Reihe von Billigkeitsmaßnahmen zur Verfügung, um sachgerechte Entscheidungen treffen zu können. Genannt werden hier insbesondere die Stundung oder die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung (Vollstreckungsaufschub).

Die Finanzämter sollen in jedem Einzelfall unter Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen entscheiden, inwieweit die Voraussetzungen für eine steuerliche Billigkeitsmaßnahme vorliegen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sollen die Finanzämter bei bis zum 31. März 2023 eingehenden Anträgen ausdrücklich keine strengen Anforderungen stellen. Über Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen oder Anpassung der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aktuellen Situation soll zeitnah entschieden werden.

Auch eine rückwirkende Herabsetzung von Vorauszahlungen für 2022 ist möglich. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann im Einzelfall aus Billigkeitsgründen verzichtet werden, wenn die Billigkeitsmaßnahme für einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gewährt wird. Voraussetzung ist, dass der Steuerzahler seinen steuerlichen Pflichten, insbesondere seinen Zahlungspflichten, bisher pünktlich nachgekommen ist und er in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen und Vollstreckungsaufschübe in Anspruch genommen hat, wobei Billigkeitsmaßnahmen aufgrund der Corona-Krise nicht zu Lasten des Steuerzahlers berücksichtigt werden.

 

Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt

Eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Mitarbeiter des Finanzamts verletzt den verfassungsrechtlichen besonderen Schutz der Wohnung und ist daher rechtswidrig.

Der Bundesfinanzhof hat festgestellt, dass die unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Finanzbeamten zur Überprüfung der Angaben über ein häusliches Arbeitszimmer wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig ist, sofern der Steuerzahler bisher bei der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt hat. Die Rechtswidrigkeit des unangekündigten Besuchs besteht auch dann, wenn der Steuerzahler der Ortsbesichtigung zustimmt und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff vorliegt.

Angesichts des im Grundgesetz verbürgten Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung wäre eine Ortsbesichtigung erst dann erforderlich gewesen, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte des Steuerzahlers nicht mehr hätten sachgerecht aufgeklärt werden können. Einen weiteren Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sah der Bundesfinanzhof darin, dass die Ortsbesichtigung von einem Beamten der Steuerfahndung und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde, weil dadurch das persönliche Ansehen des Steuerzahlers gefährdet sein könnte, wenn Dritte den Besuch eines Steuerfahnders zufällig mitbekommen.

Reduzierte Umsatzsteuer auf Gas

Bundestag und Bundesrat haben einer Absenkungen der Umsatzsteuer auf Gas und Fernwärme sowie die Steuerfreiheit für vom Arbeitgeber gezahlte Inflationsausgleichsprämien beschlossen.

Eine Woche nach dem Bundestag stimmte Anfang Oktober auch der Bundesrat der befristeten Absenkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen zu. In einer Sondersitzung des Finanzausschusses im Bundestag hatte dieser zuvor noch die Einbeziehung der Fernwärme in die Steuersenkung beschlossen. Vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2024 beträgt die Umsatzsteuer somit statt 19 % nur 7 % auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz sowie von Wärme über ein Wärmenetz. Unternehmen sollen die Senkung vollständig an die Verbraucher weitergeben. Weiterhin nicht ermäßigt besteuert wird die Lieferung von Gas über andere Vertriebswege, z. B. durch Tankwagen oder Kartuschen. Mit dem Änderungsgesetz wird auch die bereits angekündigte steuerfreie Inflationsausgleichsprämie gesetzlich verankert (siehe dazu den separaten Beitrag zur Inflationsausgleichsprämie).

 

Steuerfreie Inflationsausgleichspräm ie von bis zu 3.000 Euro

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern jetzt eine steuer- und sozialversicherungsfreie Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro zahlen.

Mit dem dritten Entlastungspaket hat die Regierungskoalition auch die Möglichkeit einer steuer- und sozialversicherungsfreien Einmalzahlung anstelle einer permanenten Lohnerhöhung angekündigt. Das soll helfen, eine Lohn-Preis-Spirale zu verhindern, die zu einer dauerhaft hohen Inflation führen würde. Im Rahmen der Absenkung der Umsatzsteuer auf Gas und Erdwärme wurde dies nun gesetzlich verankert.

Bis zum 31. Dezember 2024 können Arbeitgeber damit steuer- und sozialversicherungsfreie Zuschüsse und Sachbezüge von insgesamt bis zu 3.000 Euro gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung einzel- oder tarifvertraglich oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung erfolgt. Voraussetzung ist lediglich, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise gewährt wird.

An den Zusammenhang zwischen der Prämie und Preissteigerungen werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei der Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie in beliebiger Form, z. B. durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger, deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht. Wie beim steuerfreien Corona-Bonus kann der Höchstbetrag von 3.000 Euro für alle Leistungen jahresübergreifend bis Ende 2024 insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden.

 

Frist für die Grundsteuererklärung wird bis Januar 2023 verlängert

Die Bundesländer haben sich darauf geeinigt, die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung um drei Monate bis Ende Januar 2023 zu verlängern.

Kurz vor dem Ende der alten Abgabefrist für die Feststellungserklärung zur Grundsteuer haben die Finanzminister der Länder entschieden, dass die Abgabefrist um drei Monate verlängert wird. Statt wie geplant zum 31. Oktober 2022 müssen die Feststellungserklärungen nun erst bis zum 31. Januar 2023 abgegeben werden. Ein Grund für die Entscheidung war, dass auch kurz vor Ende der Abgabefrist erst 25 bis 30 % der Erklärungen bei den Finanzämtern eingegangen waren, ein anderer, dass Bürger und Steuerberater momentan mit anderen Problemen rund um die Energiepreiskrise und die Corona-Wirtschaftshilfen voll ausgelastet sind. Die Finanzämter haben unterdessen schon die ersten Bescheide zu den bereits eingegangenen Erklärungen verschickt, aber der Versand aller Bescheide wird sich bis ins Jahr 2024 hinziehen.

 

Organschaft einer GmbH & Co. KG

Der Bundesfinanzhof hat sich zu den Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen den Gesellschaften einer GmbH & Co. KG geäußert.

Die umsatzsteuerliche Organschaft zweier Gesellschaften setzt eine wirtschaftliche Eingliederung der einen in die andere Gesellschaft voraus. Dafür müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen. Das ist nach Überzeugung des Bundesfinanzhofs nicht der Fall, wenn lediglich ohne weiteres austauschbare Büroräume der anderen Gesellschaft genutzt werden.

 

Beginn einer Außenprüfung durch Anforderung von Unterlagen

Die Anforderung von Unterlagen durch den Betriebsprüfer ist eine Prüfungshandlung, die zu einer Hemmung der Festsetzungsverjährung führen kann.

Beginnt das Finanzamt vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerzahlers hinausgeschoben, hemmt dies den Ablauf der Festsetzungsfrist. Mit einer Außenprüfung hat das Finanzamt noch nicht begonnen, wenn der Prüfer erscheint und die Prüfungsanordnung übergibt, sondern erst dann, wenn er nach der Übergabe oder Übersendung der Prüfungsanordnung Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalles vornimmt. Das Finanzgericht Düsseldorf hat dazu entschieden, dass auch die Anforderung von Unterlagen durch den Betriebsprüfer eine Prüfungshandlung darstellt, die zu einer Hemmung der Festsetzungsfrist führt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Prüfer auf einen bestimmten Einzelsachverhalt bezogene Unterlagen anfordert oder Fragen stellt. Die Anforderung umfassender Unterlagen realisiert den Zweck der Betriebsprüfung, die steuerlichen Ver-hältnisse insgesamt zu prüfen.

 

Zuzahlungen für Familienheimfahrten mit dem Dienstwagen

Auch wenn der Arbeitnehmer Zuzahlungen für die Nutzung des Dienstwagens leistet, ist kein anteiliger Werbungskostenabzug für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung möglich.

Nutzt ein Arbeitnehmer den vom Arbeitgeber gestellten Dienstwagen auch für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, dann ist der Werbungskostenabzug für die Familienheimfahrten auch dann nicht möglich, wenn der Arbeitnehmer dafür ein Nutzungsentgelt an den Arbeitgeber leisten muss oder individuelle Kfz-Kosten zu tragen hat. Für den Bundesfinanzhof war auch bei dieser Konstellation der Wortlaut des Gesetzes eindeutig, der den Ausschluss des Werbungskostenabzugs pauschal für jedwede Fahrzeugüberlassung im Rahmen einer Einkunftsart vorsieht.

 

Abzugsverbot gilt auch für Prozesskosten eines Dritten

Das gesetzliche Abzugsverbot gilt auch für Prozesskosten eines Angehörigen, die im Rahmen einer Unterhaltsverpflichtung übernommen werden.

Auch die Prozesskosten eines Dritten, zum Beispiel eines Angehörten, sind nicht als außergewöhnliche Belastung steuerlich abziehbar. Der Bundesfinanzhof verwehrte einem Elternpaar den Abzug der Strafverteidigungskosten ihres Sohnes mit Verweis auf das gesetzliche Abzugsverbot für Prozesskosten, das nur bei einer Existenzgefährdung des Steuerzahlers durchbrochen wird. Ob die Aufwendungen für die Verteidigung des Sohnes zwangsläufig waren, lies der Bundesfinanzhof offen.

 

Vorsteuerabzug aus Leistungen für private Interessen nicht möglich

Eine GmbH hat keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus Leistungen, die in erster Linie den privaten Interessen ihres Geschäftsführers und dessen Angehörigen dienen.

Wenig überraschend hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass einer Kapitalgesellschaft kein Vorsteuerabzug aus Leistungen zusteht, die ihrem objektiven Inhalt nach unmittelbar den privaten Interessen ihres Geschäftsführers und dessen Ehefrau dienen und mit denen ihnen erhebliche wirtschaftliche Werte zugewandt worden sind. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Kapitalgesellschaft mittelbar die Stärkung der Gesamttätigkeit des Unternehmens bzw. der Stärkung der Einsatzfähigkeit und Motivation ihres Geschäftsführers und der Beschäftigten bezweckt haben mag. Ein Vorsteuerabzug wäre nur dann denkbar, wenn die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich und unerlässlich ist, um die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen, der Vorteil des Geschäftsführers oder seiner Frau allenfalls nebensächlich ist und die Kosten der Eingangsleistung kalkulatorisch im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind . Das war hier nicht der Fall.