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Newsletter Frühjahr 2022

 

Inhalt

  1. Entlastung für gestiegene Energiekosten
  2. Details zur Energiepreispauschale
  3. Häusliches Arbeitszimmer muss nicht unbedingt erforderlich sein
  4. Dauerhaft niedrige Umsatzsteuer in der Gastronomie wahrscheinlich
  5. Datenabfrage durch das Finanzamt hemmt die Zahlungsverjährung
  6. Erweiterte Kürzung bei Unterbringung von Kriegsflüchtlingen
  7. Renten steigen 2022 deutlich
  8. Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind
  9. Keine Entschädigung für Verfahrensverlängerung durch Pandemie
  10. Wichtige Frist zur Eintragung im Transparenzregister läuft aus
  11. Arbeitsteilung kann Arztpraxis zum Gewerbebetrieb machen
  12. Grundsteuerreform: Hintergrund der Grundsteuerreform
  13. Grundsteuerreform: Umsetzung der Reform
  14. Grundsteuerreform: Das Bundesmodell für die Grundsteuer
  15. Grundsteuerreform: Besonderheiten in den Bundesländern
  16. Grundsteuerreform: Übersicht der Modelle und benötigte Daten
  17. Grundsteuerreform: Änderungen für die Land- und Forstwirtschaft
  18. Grundsteuerreform: Zusammenfallen mit dem Zensus
  19. Hilfsmaßnahmen für vom Krieg in der Ukraine Geschädigte
  20. Auskunftsanspruch umfasst keine steuerlichen Auslandsbeziehungen
  21. Müll und Abwasser sind keine haushaltsnahen Dienstleistungen
  22. Anspruch auf Vorsteuervergütung trotz fehlender formeller Angaben

 

Entlastung für gestiegene Energiekosten

Die Ampelkoalition hat ein weiteres Entlastungspaket beschlossen, das auch einen Steuerrabatt von 300 Euro für Arbeitnehmer und Selbstständige vorsieht.

Enorm gestiegene Energiepreise nach Beginn des Ukrainekriegs haben die Regierungskoalition Ende März dazu veranlasst, ein weiteres Entlastungspaket für die Bürger aufzulegen. Darin enthalten ist eine ganze Reihe von Maßnahmen, die vor allem Familien und Geringverdienern helfen sollen. Dazu gehören direkte Zuschüsse und eine auf drei Monate befristete Entlastung bei Mobilitätskosten.

Weil von den Entlastungen die unterschiedlichsten Regelungen und Leistungen betroffen sind, gibt es hier kein einheitliches Entlastungsgesetz. Stattdessen werden für die Umsetzung mehrere verschiedene Gesetzgebungsverfahren bemüht und die Bundesländer mit ins Boot geholt. Ein Teil der steuerlichen Regelungen ist gleich in das Gesetzgebungsverfahren für das Steuerentlastungsgesetz 2022 eingeflossen, mit dem die Regierung die gesetzgeberische Umsetzung der wesentlichen Maßnahmen aus dem ersten Entlastungspaket angestoßen hat.

Trotzdem hat sich die Regierung das Ziel gesetzt, alle Maßnahmen noch im Sommer in Kraft treten zu lassen. Die befristete Absenkung der Mobilitätskosten beispielsweise soll von Juni bis August laufen. Hier ist ein Überblick der jetzt beschlossenen Maßnahmen:

  • Energiepreispauschale: Arbeitnehmer im ersten Dienstverhältnis bekommen einen einmaligen Zuschuss von 300 Euro brutto zum Gehalt. Der Zuschuss ist jedoch steuerpflichtig, sodass der genaue Auszahlungsbetrag vom individuellen Steuersatz abhängt. Selbstständige erhalten den Zuschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung.
  • Kinderbonus: Ergänzend zum Kindergeld bekommen Familien für jedes Kind einen Einmalbonus von 100 Euro. Dazu wird das Kindergeld im Juli 2022 entsprechend erhöht und über die Familienkassen ausgezahlt. Der Kinderbonus 2022 ist bei Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wird aber auf den Kinderfreibetrag angerechnet.
  • Sozialleistungen: Die bereits beschlossene Einmalzahlung von 100 Euro für Empfänger von Sozialleistungen wird um nochmals 100 Euro auf dann 200 Euro erhöht.
  • Spritpreise: Befristet für drei Monate wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe in den Monaten Juni bis August auf das europäische Mindestmaß gesenkt. Das entspricht einer Preisreduzierung für Benzin um 30 Cent und für Diesel um 14 Cent pro Liter. Die Absenkung soll voll an die Verbraucher weitergegeben werden.
  • Öffentliche Verkehrsmittel: Ebenfalls befristet auf drei Monate führt die Koalition ein Monatsticket für 9 Euro pro Monat für den Öffentlichen Personennahverkehr ein. Dazu werden die Regionalisierungsmittel so erhöht, dass die Bundesländer dies organisieren können. Das Ticket startet nach aktueller Planung am 1. Juni und soll dann im Regionalverkehr bundesweit jeweils für einen Kalendermonat gelten.
  • Heizung: Haus- und Wohnungseigentümern soll es leichter gemacht werden, alte Heizungsanlagen auszutauschen. Ab 2024 soll jede neue eingebaute Heizung zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden.

 

Details zur Energiepreispauschale

Alle Erwerbstätigen sollen in diesem Jahr einmalig eine Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten, die über die Lohn- oder Einkommensteuer ausgezahlt wird.

Als Teil des zweiten Entlastungspakets der Bundesregierung sollen alle Erwerbstätigen vom Staat eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. Zu deren Umsetzung soll das Einkommensteuergesetz gleich um 11 neue Paragraphen aufgestockt werden, die regeln, wer die Pauschale erhält und wie die Pauschale den Empfängern ausgezahlt werden soll.

  • Höhe: Die Energiepreispauschale beträgt 300 Euro. Der Betrag ist allerdings steuerpflichtig, sodass der volle Betrag im Endeffekt nur Steuerzahlern zufließt, deren Einkünfte den Grundfreibetrag nicht übersteigen. Gutverdiener, die auch der Kirchensteuer unterliegen, erhalten nach Abzug von Steuern nur rund die Hälfte des Betrags. In der Sozialversicherung fallen aber bei einer Auszahlung durch den Arbeitgeber keine Beiträge an, weil es sich nicht um Arbeitsentgelt handelt.
  • Anspruchsberechtigte: Die Pauschale soll in erster Linie ein Ausgleich für die drastisch gestiegenen erwerbsbedingten Wegeaufwendungen sein. Daher ist der Anspruch auf die Energiepreispauschale begrenzt auf Erwerbstätige, die im Jahr 2022 Einkünfte als Arbeitnehmer, Freiberufler oder aus einem Gewerbebetrieb oder einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzielen. Zu den begünstigten Arbeitnehmern zählen auch pauschal besteuerte Minijobber und Bufdis (Freiwillige im Rahmen des Bundesfreiwilligendiensts). Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, insbesondere beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler, erhalten die Energiepreispauschale dagegen nicht. Auch Pensionäre und Rentner, die keine zusätzlichen Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit haben, erhalten keine Energiepreispauschale. Auch Bezieher von ausschließlich sonstigen Einkünften haben keinen Anspruch auf die Energiepreispauschale, beispielsweise Landtags-, Bu ndestags- oder EU-Abgeordnete.
  • Auszahlungswege: Der Anspruch auf die Energiepreispauschale entsteht am 1. September 2022. Die größte Gruppe der Anspruchsberechtigten wird dann über eine Auszahlung durch den Arbeitgeber oder durch die Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen zeitnah entlastet, ohne selbst aktiv zu werden. Alle anderen berechtigten Steuerzahler, beispielsweise Arbeitnehmer, für die am 1. September 2022 kein Arbeitsverhältnis besteht, erhalten die Pauschale im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2022 vom Finanzamt, wenn sie im kommenden Jahr eine Einkommensteuererklärung für 2022 abgeben.
  • Auszahlung durch den Arbeitgeber: Nach den aktuellen Plänen soll der Arbeitgeber die Energiepreispauschale mit der Lohnabrechnung für September an Arbeitnehmer auszahlen, die bei ihm am 1. September 2022 in einem ersten Arbeitsverhältnis (Steuerklassen 1 bis 5) tätig sind oder als Minijobber pauschal besteuerten Arbeitslohn erhalten. Für pauschal besteuerte Minijobber muss der Arbeitgeber dabei durch eine schriftliche Erklärung des Arbeitnehmers dokumentieren, dass es sich um ein erstes Dienstverhältnis handelt. Die Energiepreispauschale wird nicht über den Arbeitgeber ausgezahlt, wenn er keine Lohnsteuer-Anmeldung abgibt, beispielsweise im Fall einer geringfügigen Beschäftigung im Privathaushalt. Die Arbeitnehmer können in diesem Fall die Energiepreispauschale über die Abgabe einer Einkommensteuererklärung erhalten.

Zur Refinanzierung sollen die Arbeitgeber die ausgezahlte Energiepreispauschale von der einbehaltenen Lohnsteuer entnehmen und bei der nächsten Lohnsteuer-Anmeldung absetzen. Übersteigen die insgesamt zu gewährenden Energiepreispauschalen die abzuführende Lohnsteuer, wird dem Arbeitgeber der übersteigende Betrag vom Finanzamt, an das die Lohnsteuer abzuführen ist, ersetzt. Die Auszahlung der Energiepreispauschale muss der Arbeitgeber in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung durch Angabe des Großbuchstabens E dokumentieren. Dem Finanzamt wird damit die Möglichkeit gegeben, in der Einkommensteuerveranlagung mögliche Doppelzahlungen (Auszahlung über den Arbeitgeber und zusätzlich Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlung) zu erkennen.

  • Kürzung der Vorauszahlung: Freiberufler, Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte erhalten die Pauschale durch eine Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlung. Dazu wird die am 10. September 2022 fällige Vorauszahlung für das dritte Quartal 2022 für jeden Anspruchsberechtigten um 300 Euro gekürzt. Für Steuerzahler, deren Vorauszahlung am 10. September 2022 weniger als 300 Euro beträgt, reduziert sich die Vorauszahlung auf 0 Euro. Eine Erstattung des Restbetrags erfolgt bei der Vorauszahlung jedoch nicht. Auch eine Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlung für den 10. Dezember 2022 ist nicht vorgesehen. Erst im Rahmen der Steuerveranlagung für 2022 erhalten diese Steuerzahler dann einen eventuell verbleibenden Restbetrag. Doch auch wer die volle Pauschale auf die Vorauszahlung angerechnet bekommt, hat noch nicht den richtigen Betrag erhalten, denn die Pauschale ist steuerpflichtig, allerdings wird bei der Kürzung der Vorauszahlung noch kein ante iliger Steuerabzug für die Pauschale berücksichtigt. Für diese Steuerzahler steht also bei der Steuerveranlagung 2022 dann eine Nachzahlung an, weil die Vorauszahlungen zunächst zu stark gekürzt worden sind.
  • Steuerveranlagung: Wenn die Anspruchsvoraussetzungen der Energiepreispauschale erfüllt sind, wird die Pauschale von Amts wegen mit der Einkommensteuerveranlagung für 2022 festgesetzt. Ein besonderer Antrag ist nicht erforderlich. Bei Arbeitnehmern erfolgt eine Festsetzung der Energiepreispauschale nur, wenn diese noch nicht über den Arbeitgeber ausgezahlt wurde. Doppelberücksichtigungen der Energiepreispauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren und im Vorauszahlungsverfahren werden in der Einkommensteuerveranlagung ebenfalls korrigiert.

Unabhängig davon, ob die Energiepreispauschale nun festgesetzt wird oder schon ausgezahlt wurde, erhöhen sich durch die Pauschale die steuerpflichtigen Einkünfte. Davon ausgenommen ist lediglich die Auszahlung an pauschal besteuerte Minijobber, bei denen der Fiskus aus Vereinfachungsgründen und zur Vermeidung möglicher Wechselwirkungen auf eine Besteuerung der Energiepreispauschale verzichtet. Setzen sich die Einkünfte eines Steuerzahlers aus mehreren Einkunftsarten zusammen, erhöht die Pauschale vorrangig die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Bei allen anderen Anspruchsberechtigten, die nicht Arbeitnehmer sind, zählt die Energiepreispauschale zu den sonstigen Einkünften, kann also nicht als Betriebseinnahme berücksichtigt werden. Damit wird auch eine Gewerbesteuerpflicht der Energiepreispauschale ausgeschlossen. Für die Besteuerung der Energiepreispauschale sind gesonderte Angaben in der Einkommensteuererklärung nicht erforderlich. Die in der Einkommensteuerveranlagung festgesetzte Energiepreispauschale mindert die festgesetzte Einkommensteuer und wird von dieser abgezogen. Ist die festgesetzte Energiepreispauschale höher als die festgesetzte Einkommensteuer, kommt es zu einer entsprechenden Erstattung.

  • Zusammenveranlagung: Die Energiepreispauschale wird jedem Anspruchsberechtigten einmal gewährt. Ist im Fall zusammenveranlagter Ehegatten nur ein Ehegatte für die Energiepreispauschale anspruchsberechtigt, wird sie auch nur einmal gewährt.
  • Sozialleistungen: Die Energiepreispauschale ist bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

 

Häusliches Arbeitszimmer muss nicht unbedingt erforderlich sein

Ein häusliches Arbeitszimmer ist steuerlich abziehbar, wenn die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind, auch wenn es für die Tätigkeit nicht zwingend erforderlich ist.

Die steuerliche Berücksichtigung des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit überhaupt erforderlich ist. Für die Abzugsfähigkeit genügt die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung, wie der Bundesfinanzhof im Fall einer Flugbegleiterin entschieden hat, bei der der vergleichsweise geringe Teil der im Arbeitszimmer verbrachten Arbeitszeit das Finanzamt zur Verweigerung des Steuerabzugs veranlasst hatte. An den übrigen Abzugsvoraussetzungen für ein Arbeitszimmer, insbesondere der fast ausschließlich beruflichen Nutzung und der fehlenden Verfügbarkeit eines anderen Arbeitsplatzes ändert das Urteil nichts.

 

Dauerhaft niedrige Umsatzsteuer in der Gastronomie wahrscheinlich

Nach Olaf Scholz hat sich jetzt auch der neue Bundesfinanzminister Christian Lindner für eine Entfristung der Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie ausgesprochen.

In einem Antwortschreiben an den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband hat sich Bundesfinanzminister Christian Lindner für eine dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie ausgesprochen. Bisher ist der reduzierte Steuersatz von 7 % für Speisen bis Ende 2022 befristet. Jedoch hatte sich schon im Bundestagswahlkampf der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz zu einer Entfristung der reduzierten Umsatzsteuer in der Gastronomie bekannt. Eine entsprechende Gesetzesänderung im Lauf des Jahres ist damit sehr wahrscheinlich. Die reduzierte Umsatzsteuer soll allerdings auf Speisen beschränkt bleiben, während für Getränke auch weiterhin der volle Steuersatz Anwendung finden soll.

 

Datenabfrage durch das Finanzamt hemmt die Zahlungsverjährung

Eine Abfrage beim Bundeszentralamt für Steuern durch das Finanzamt kann die Zahlungsverjährungsfrist für Forderungen des Finanzamts unterbrechen.

Das Finanzamt kann die Verjährung von Steuerforderungen auf verschiedene Arten hemmen. Dazu gehören auch Ermittlungen nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Steuerschuldners – immer vorausgesetzt, dass dem Finanzamt die Adresse des Schuldners tatsächlich unbekannt ist. Eine reine Pro-forma-Anfrage kann die Verjährung nicht unterbrechen, wie der Bundesfinanzhof schon vor längerem festgestellt hat. Der Bundesfinanzhof verlangt für die Unterbrechung der Verjährung außerdem eine nach außen wirkende Maßnahme. Innerdienstliche Maßnahmen des Finanzamts reichen also nicht aus.

Allerdings ist die verjährungsunterbrechende Wirkung einer Wohnsitzanfrage nicht davon abhängig, dass der Steuerschuldner von dieser Maßnahme erfährt. Maßgebend ist allein, dass das Finanzamt den Entschluss fasst, seinen Zahlungsanspruch durchzusetzen, und dies auch nach außen sichtbar wird. Eine solche Außenwirkung sieht der Bundesfinanzhof auch, wenn das Finanzamt durch eine Onlineanfrage beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf die Datenbank mit den Steueridentifikationsnummern und Meldedaten der Steuerzahler zugreift.

Dadurch wird laut eines neuen Urteils des Bundesfinanzhofs eine andere Behörde kontaktiert, weil das BZSt zwar ebenfalls eine Finanzbehörde ist, aber dem Bund untersteht, während die Finanzämter der jeweiligen Landesfinanzbehörde zugeordnet sind. Ob das Finanzamt, welches die Abfrage durchgeführt hat, örtlich zuständig ist, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Verjährungsunterbrechung.

 

Erweiterte Kürzung bei Unterbringung von Kriegsflüchtlingen

Die Finanzbehörden haben Billigkeitsmaßnahmen für wohnungswirtschaftliche Unternehmen zu einer großzügigen Prüfung der Voraussetzungen einer erweiterten Kürzung bei der Unterbringen von Kriegsflüchtlingen erlassen.

Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer setzt u.a. voraus, dass von der Verwaltungsgesellschaft keine gemischt oder gewerblich genutzten Gebäude verwaltet werden. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben daher mit gleich lautenden Erlassen Billigkeitsmaßnahmen für die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine bei der Anwendung der erweiterten Kürzung veröffentlicht.

Insbesondere wird für Einnahmen bis zum 31. Dezember 2022 nicht geprüft, ob die entgeltliche Überlassung von möbliertem Wohnraum an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine den Tatbestand der Gewerblichkeit erfüllt. Außerdem gelten die Bewohner im Jahr 2022 als mittelbare Mieter des Grundstücksunternehmens, wenn das Unternehmen Wohnraum an juristische Personen des öffentlichen Rechts vermietet, die den angemieteten Wohnraum an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine überlassen. Erträge aus sonstigen Unterstützungsleistungen – wie beispielsweise aus der entgeltlichen Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln oder Kleidung – sind für die erweiterte Kürzung nur dann unschädlich, wenn die Erträge aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern resultieren und diese Einnahmen im Wirtschaftsjahr nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Vermietung des gesamten Grundbesitzes sind.

 

Renten steigen 2022 deutlich

Durch die anstehende deutliche Rentensteigerung werden erneut viele Rentner erstmals eine Steuererklärung abgeben müssen.

Die Rente steigt zum 1. Juli 2022 in Westdeutschland deutlich um 5,35 % und in den neuen Ländern sogar um 6,12 %. Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung beträgt 5,8 % in den alten Ländern und rund 5,3 % in den neuen Ländern. Durch die deutliche Rentensteigerung werden erneut viele Rentner in die Steuerpflicht rutschen und müssen dann für 2022 erstmals eine Einkommensteuererklärung abgeben. Die aktuell besonders hohe Inflation lässt darüber hinaus vermuten, dass es auch in den kommenden Jahren zu deutlichen Rentensteigerungen kommen wird, weil Tarifabschlüsse in diesem Jahr höher ausfallen.

 

Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind

Trotz ernsthafter Absicht, die Ausbildung baldmöglichst fortzusetzen, kann der ausbildungsbedingte Kindergeldanspruch für ein langfristig erkranktes Kind wegfallen.

Der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind in einer Berufsausbildung scheidet aus, wenn Ausbildungsmaßnahmen wegen einer nicht vorübergehenden Erkrankung unterbleiben. Eine Krankheit sieht der Bundesfinanzhof dann nicht als vorübergehend an, wenn schon zu Beginn der Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine länger als sechs Monate dauernde Beeinträchtigung zu erwarten ist. Der Bundesfinanzhof weist aber auch darauf hin, dass stattdessen ein Kindergeldanspruch wegen einer Behinderung des Kindes in Betracht kommt, wenn das Kind aufgrund der Erkrankung das Kind behinderungsbedingt außerstande war, sich selbst zu unterhalten.

 

Keine Entschädigung für Verfahrensverlängerung durch Pandemie

Verfahrensverzögerungen durch die Corona-Pandemie fallen nicht in den staatlichen Einflussbereich und begründen deshalb keinen Anspruch auf eine Entschädigung.

Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Dieser Entschädigungsanspruch setzt aber voraus, dass die Umstände, die zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer geführt haben, innerhalb des staatlichen Einflussbereichs liegen müssen. Eine durch die Corona-Pandemie verursachte Verzögerung im Sitzungsbetrieb eines Finanzgerichts führt daher nicht zur Unangemessenheit der gerichtlichen Verfahrensdauer, weil sie nicht dem staatlichen Verantwortungsbereich zuzuordnen ist. Mit dieser Begründung hat der Bundesfinanzhof die Klage auf eine entsprechende Entschädigung abgewiesen.

 

Wichtige Frist zur Eintragung im Transparenzregister läuft aus

Für GmbHs, Genossenschaften, Partnerschaftsgesellschaften und UGs läuft am 30. Juni 2022 die Übergangsfrist zur Eintragung im Transparenzregister aus.

Seit dem 1. August 2021 sind viele Unternehmen und Vereine verpflichtet, sich im Transparenzregister einzutragen. Unternehmen und Organisationen, deren Pflicht zur Eintragung bislang durch die Mitteilungsfiktion als erfüllt galt, müssen die Eintragung der wirtschaftlich berechtigten Person(en) innerhalb einer Übergangsfrist nachholen. Diese Übergangsfrist für GmbHs, Genossenschaften, Partnerschaften und UGs (haftungsbeschränkt) läuft am 30. Juni 2022 aus. Verstöße gegen die Eintragungs- und Transparenzpflichten gelten als Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 150.000 Euro geahndet werden können.

 

Arbeitsteilung kann Arztpraxis zum Gewerbebetrieb machen

Übernimmt ein Arzt in einer Gemeinschaftspraxis die Verwaltungsaufgaben und führt deshalb keine nennenswerten Behandlungen mehr aus, wird aus der Praxis ein Gewerbebetrieb.

Eine Gemeinschaftspraxis kann zum Gewerbebetrieb werden, wenn einer der Ärzte primär für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig ist und nur noch in geringem Umfang eigene ärztliche Beratungs- und Behandlungsleistungen erbringt. Das hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz im Fall einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis mit der Begründung entschieden, dass bei einer freiberuflichen Personen- oder Partnerschaftsgesellschaft jeder Gesellschafter die Merkmale selbständiger Arbeit in eigener Person erfüllen müsse. Ein Arzt schulde eine höchstpersönliche und individuelle Arbeitsleistung am Patienten und müsse deshalb einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen. Grundsätzlich sei zwar eine gewisse Arbeitsteilung unschädlich, erforderlich sei aber, dass sich jeder Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis kraft seiner persönlichen Berufsqualifikation an der Teamarbeit im arzttypischen Heilbereich beteilige.

 

Grundsteuerreform: Hintergrund der Grundsteuerreform

Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 die Grundsteuer in ihrer bisherigen Form als verfassungswidrig eingestuft und eine verfassungskonforme Neuregelung verlangt, die ab 2025 greift.

Mit einem jährlichen Aufkommen von über 13 Mrd. Euro gehört die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Gleichzeitig ist sie schon lange eine der kontroversesten Steuern. Politisch umstritten ist die Grundsteuer, weil sie in ihrer jetzigen Form die Spekulation mit Bauland begünstigt und damit die Wohnraumknappheit eher fördert als ihr entgegenzuwirken. Deutlich älter ist die verfassungsrechtliche Kritik an der Grundsteuer, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Frühjahr 2018 bestätigt hat.

Die der Besteuerung derzeit zugrundeliegenden Einheitswerte basieren nämlich auf Wertverhältnissen aus den Jahren 1964 (Westdeutschland) und 1935 (Ostdeutschland). Zu den heutigen Werten von Grundbesitz und Gebäuden hat die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer also nur noch wenig Bezug. Dieser Argumentation hat sich das BVerfG in vollem Umfang angeschlossen und entschieden, dass die Regelungen zur Bewertung des Grundvermögens für die Grundsteuer mindestens seit 2002 verfassungswidrig sind.

Das BVerfG hatte dem Gesetzgeber daher aufgegeben, spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung der Grundsteuer zu finden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die verfassungswidrigen Regeln für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens also bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden. Das BVerfG erkennt mit dieser langen Übergangsfrist an, dass eine Neuregelung der Grundsteuer zwangsläufig auch langwierige Neubewertungen des Grundbesitzes erfordert.

 

Grundsteuerreform: Umsetzung der Reform

In diesem Jahr müssen alle Immobilieneigentümer eine Feststellungserklärung abgeben, damit das Finanzamt die Bemessungsgrundlage für die neue Grundsteuer berechnen kann.

Bund und Länder sind der Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts 2019 nachgekommen und haben eine umfassende Reform der Grundsteuer auf den Weg gebracht. Weil man sich dabei nicht auf ein bundeseinheitliches Modell einigen konnte, wurde den Bundesländern mit einer Änderung des Grundgesetzes die Möglichkeit gegeben, eigene Regeln für die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer festzulegen. Davon haben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen Gebrauch gemacht. Sachsen und das Saarland haben das Bundesmodell übernommen, aber abweichende Steuermesszahlen festgelegt.

Unabhängig von der Regelung im jeweiligen Bundesland sollen die Kommunen 2025 die Grundsteuer zum ersten Mal nach den neuen Regeln erheben. Die lange Vorlaufzeit ist notwendig, weil die Finanzämter Zeit brauchen, um für die rund 35 Millionen Immobilien in Deutschland alle notwendigen Daten zusammenzutragen.

Bundesweit gilt dabei der 1. Januar 2022 als Stichtag für die Neubewertung. Sowohl die Wert- als auch die Besitzverhältnisse an diesem Stichtag werden bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt. Das bedeutet, dass Sie eine Feststellungserklärung auch dann abgeben müssen, wenn Sie Ihre Immobilie nach dem Jahresbeginn verkauft oder verschenkt haben.

Wer die Feststellungserklärung nicht vom Steuerberater erstellen lassen will, kann dies ab 1. Juli 2022 elektronisch über ELSTER erledigen. Bestehende ELSTER-Registrierungen können auch für die Feststellungserklärung verwendet werden. Andernfalls ist eine rechtzeitige Erstregistrierung erforderlich. Eine Abgabe in Papierform ist nur auf Antrag in begründeten Ausnahmefällen möglich. Die Abgabefrist läuft bis zum 31. Oktober 2022.

Anhand der Angaben in der Feststellungserklärung berechnet das Finanzamt dann den Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag und stellt entsprechende Bescheide aus. Die Bescheide sind dann die Grundlage für die Festsetzung der Grundsteuer durch die Stadt oder Gemeinde. Die diesjährige Erklärungspflicht ist die erste Hauptfeststellung für die neue Grundsteuer. Danach wird es alle sieben Jahre eine neue Hauptfeststellung geben, zu der wieder eine aktuelle Feststellungserklärung abzugeben ist.

Dafür werden in diesem Jahr alle Immobilienbesitzer zur Abgabe einer Feststellungserklärung zur Grundsteuer aufgefordert. Die entsprechenden Allgemeinverfügungen hat die Finanzverwaltung im März veröffentlicht, in den meisten Bundesländern sollen die Immobilienbesitzer zusätzlich ein Informationsschreiben per Post erhalten, das im Mai oder Juni versendet wird.

 

Grundsteuerreform: Das Bundesmodell für die Grundsteuer

Im Bundesmodell für die Grundsteuerreform werden viele Daten für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt.

Für die Mehrzahl der Bürger wird bei der Grundsteuer das Bundesmodell zur Anwendung kommen. Dabei wurden im Vorfeld viele Vorschläge diskutiert, die unter Namen wie „Bodensteuer“, „Äquivalenzmodell“ oder „Kostenwertmodell“ ins Rennen gingen.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wäre also die ideale Gelegenheit gewesen, die Grundsteuer einfacher zu gestalten, den Verwaltungsaufwand zu minimieren und die finanzielle Belastung in Großstädten mit besonders hohen Mieten zu reduzieren. Die Regelungen, die jetzt im Bundesmodell enthalten sind, erreichen jedoch keines dieser Ziele wirklich. Hier ist ein Überblick:

  • Wohnimmobilien: Das statistische Bundesamt ermittelt alle vier Jahre Durchschnittsmieten für verschiedene Gebäudetypen und Baujahreszeiträume. Bei Wohnimmobilien wird diese Durchschnittsmiete zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage in Abhängigkeit von der Mietniveaustufe der Gemeinde um bis zu 22,5 % vermindert oder um bis zu 32,5 % erhöht. Die unterschiedlichen Miethöhen in verschiedenen Wohnlagen innerhalb einer Gemeinde bleiben aber unberücksichtigt. Der so ermittelte Rohertrag wird um nicht umlagefähige Betriebskosten reduziert, für die typisierte Prozentsätze gelten, die vom Gebäudetyp und Baujahr abhängen. Für öffentlich geförderten Wohnraum gibt es außerdem eine Ermäßigung der Steuermesszahl um 25 %. Der Bewertungsansatz mit diesem „vereinfachten Ertragswertverfahren“ anhand der Durchschnittsmiete gilt für alle Wohnimmobilien, also sowohl für vermieteten Wohnraum als auch für selbst genutzte Immobilien.
  • Grund und Boden: Ausgangspunkt für die Bewertung von Grund- und Boden sowohl unbebauter Grundstücke als auch des Bodenwertanteils bebauter Grundstücke sind die Bodenrichtwerte. Als unbebaut gelten Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden.
  • Gewerbeimmobilien: Anders als bei Wohngrundstücken werden für vermietete Geschäftsgrundstücke keine statistischen Daten erhoben, die für die Bewertung genutzt werden könnten. Daher kommt bei der Bewertung von Gewerbeimmobilien ein vereinfachtes Sachwertverfahren zur Anwendung. Dieses Verfahren berücksichtigt bei der Wertermittlung insbesondere die typischen Herstellungskosten für die jeweilige Gebäudeart und den Bodenrichtwert. Alle diese Werte sind im Bewertungsgesetz festgeschrieben und müssen nicht vom Eigentümer ermittelt werden. Statt bisher 30 Angaben sind daher nur noch 8 Angaben erforderlich, hauptsächlich zur Größe und zum Alter der Immobilie. Auch bei gemischt genutzten Grundstücken, die teils geschäftlich und teilweise zu Wohnzwecken genutzt werden, kommt das vereinfachte Sachwertverfahren zur Anwendung.
  • Land- und Forstwirtschaft: Bei der Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz (Grundsteuer A) bleibt es bei dem bisher praktizierten Verfahren. Diese Flächen wurden bereits in der Vergangenheit nach dem typisierten Ertragswert bewertet, der stets einen realitätsgerechten Wert aufweist. Das Verfahren wurde nun weiter vereinfacht. Auf der anderen Seite unterliegen land- und forstwirtschaftliche Wohngebäude künftig nicht mehr nur in Ostdeutschland, sondern bundeseinheitlich der Grundsteuerregelung für Wohnimmobilien.
  • Baulandmobilisierung: Die Kommunen erhalten künftig die Möglichkeit, auf baureife, unbebaute Grundstücke einen eigenen Hebesatz (Grundsteuer C) zu erheben. In Kommunen, die von dieser Option Gebrauch machen, wird für solche Grundstücke somit künftig erheblich mehr Grundsteuer zu zahlen sein als bisher. Damit können die Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen einen Anreiz für den Bau neuer Wohnungen schaffen und Bodenspekulationen entgegenwirken. Hat sich eine Gemeinde für die Erhebung der Grundsteuer C entschieden, muss der Hebesatz für alle baureifen Grundstücke in der Gemeinde einheitlich und höher als der reguläre Hebesatz für die übrigen Grundstücke in der Gemeinde sein.
  • Steuermesszahl: Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer wird der nach den unterschiedlichen Verfahren ermittelte Wert mit der Grundsteuermesszahl multipliziert. Bisher beträgt diese Steuermesszahl 0,35 %. Um aber einen drastischen Anstieg der Grundsteuer zu verhindern, werden die neuen, nun im Vergleich zu bisher deutlich höheren Grundstückswerte in einem zweiten Schritt durch die radikale Absenkung der Steuermesszahl korrigiert. Aktuell ist im Gesetz eine Messzahl vorgesehen, die weniger als ein Zehntel des alten Wertes beträgt. Das Bundesfinanzministerium will aber vor Inkrafttreten der neuen Grundsteuerfestsetzungen überprüfen, ob hier noch weiterer Anpassungsbedarf besteht.

 

Grundsteuerreform: Besonderheiten in den Bundesländern

Insgesamt sieben Bundesländer haben sich bei der Grundsteuerreform für Abweichungen von den Regelungen auf Bundesebene entschieden.

In sieben Bundesländern gibt es für die Berechnung der Grundsteuer für Wohn- und Geschäftsräume sowie unbebaute Grundstücke Regelungen, die vom Bundesmodell abweichen. Zwei Länder haben ledglich die Steuermesszahlen anders geregelt, während fünf weitere Länder zum Teil drastisch einfachere Berechnungsverfahren verwenden. Hier ist eine Übersicht der Regelungen in diesen Bundesländern.

  • Baden-Württemberg: Baden-Württemberg hat von allen Bundesländern das einfachste Verfahren für die Ermittlung der neuen Grundsteuer. Bei diesem modifizierten Bodenwertmodell basiert die Bewertung im Wesentlichen auf zwei Kriterien: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert, die miteinander multipliziert werden und den sogenannten Grundsteuerwert ergeben. Auf die Bebauung kommt es dabei nicht an. Allerdings wird die Steuermesszahl für Grundstücke, die überwiegend Wohnzwecken dienen, um 30 % verringert. Begünstigt werden ebenfalls der soziale Wohnungsbau und Kulturdenkmäler. Damit kann sich beispielsweise für ein Grundstück mit Wohngebäude eine niedrigere Grundsteuer ergeben als für ein gleichgroßes unbebautes Nachbargrundstück.
  • Bayern: Das Bayerische Grundsteuergesetz wendet ein wertunabhängiges Flächenmodell Entscheidend sind dabei nur die Flächen des Grundstücks und Gebäudes sowie die Gebäudenutzung. Der Wert des Grundstücks und damit auch der Bodenrichtwert spielen dabei keine Rolle. Für die Grundsteuer werden die Flächen mit landesweit einheitlichen Äquivalenzzahlen angesetzt, die für die Fläche des Grund und Bodens 0,04 Euro/m² und für Gebäudeflächen 0,50 Euro/m² betragen. Die Summe aus den Äquivalenzbeträgen ergibt dann den Grundsteuermessbetrag. Für Wohnflächen wird ein Abschlag von 30 % gewährt, allerdings nur auf die Gebäudefläche und nicht auf die Grundstücksfläche. Daneben ist für den sozialen Wohnungsbau und Baudenkmäler eine zusätzliche Ermäßigung von 25 % vorgesehen.
  • Hamburg: Beim hamburgischen Wohnlagemodell wird die Grundsteuer vorrangig anhand der Grundstücksgröße, der Gebäudefläche und der Wohnlage des Grundstücks ermittelt. Für die Grundstücksfläche werden 0,04 Euro/m² und für Gebäudeflächen 0,50 Euro/m² angesetzt. Für Wohnflächen reduziert sich der Wert der Gebäudefläche um 30 %. Bei der Wohnlage wird zwischen „normaler“ und „guter“ Wohnlage unterschieden. Grundlage dafür ist das beim Mietspiegel bewährte Hamburger Wohnlagenverzeichnis. Für eine normale Wohnlage gibt es einen weiteren Abschlag von 25 %. Weitere Ermäßigungen von 25 % gibt es für denkmalgeschützte Objekte und für den sozialen Wohnungsbau.
  • Hessen: Hessen hat sich für ein Flächen-Faktor-Verfahren entschieden, das sich am bayerischen Flächenmodell orientiert und auch die dort gültigen Äquivalenzbeträge von 0,04 Euro/m² für Grund und Boden und 0,50 Euro/m² für die Gebäudefläche übernimmt. Allerdings wird die Summe der Flächenäquivalenzbeträge noch mit einem Faktor multipliziert. Dieser fällt umso höher aus je besser die Lage ist. Um dies zu beurteilen, wird der Bodenrichtwert für das Grundstück mit dem durchschnittlichen Bodenrichtwert in der Gemeinde verglichen. Die Bodenrichtwerte bekommt das Finanzamt automatisch von der Katasterverwaltung. Wie in anderen Bundesländern gibt es auch hier einen Abschlag von 30 % für Wohnflächen.
  • Niedersachsen: In Niedersachsen liegt der Grundsteuer ein Flächen-Lage-Modell zugrunde, das im Prinzip identisch ist mit dem Hessischen Modell. Die Flächen werden mit landesweit einheitlichen Äquivalenzzahlen angesetzt, die für den Grund und Boden 0,04 Euro/m² und für Gebäudeflächen 0,50 Euro/m² betragen. Für Wohnflächen wird ein Abschlag von 30 % gewährt, allerdings nur auf die Gebäudefläche und nicht auf die Grundstücksfläche. Daneben ist für den sozialen Wohnungsbau und Baudenkmäler eine zusätzliche Ermäßigung von 25 % vorgesehen. Die Summe der Flächenansätze wird mit dem Lage-Faktor multipliziert. Dieser fällt umso höher aus, je besser die Lage ist. Um dies zu beurteilen, wird der Bodenrichtwert für das Grundstück mit dem durchschnittlichen Bodenrichtwert in der Gemeinde verglichen. Die Formel enthält eine dämpfende Komponente, sodass beispielsweise ein im Vergleich zum Durchschnitt doppelt so hoher Bodenrichtwert den Grundsteuerwert nur um gut 23 % erhöht, während ein halb so hoher Bodenrichtwert den Grundsteuerwert um knapp 19 % reduziert.
  • Saarland und Sachsen: Das Saarland und Sachsen wenden zwar das Bundesmodell für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage an, haben aber teilweise abweichende Steuermesszahlen festgelegt. Das Saarland hat sich im Vergleich zum Bundesmodell für höhere Steuermesszahlen entschieden, während in Sachsen gewerbliche Flächen doppelt so hoch bewertet werden wie Wohnflächen und unbebaute Grundstücke.

 

Grundsteuerreform: Übersicht der Modelle und benötigte Daten

Die verschiedenen Grundsteuermodelle der einzelnen Bundesländer unterscheiden sich deutlich im Umfang der für die Feststellungserklärung benötigten Daten.

In der folgenden Tabelle finden Sie einen Vergleich der verschiedenen Modelle einschließlich der im jeweiligen Bundesland für die Feststellungserklärung benötigten Daten. Zu einigen der notwendigen Daten finden Sie im Anschluss noch Hinweise, wo Sie diese Angaben finden können.

  • Grundstücksdaten: Das Einheitswertaktenzeichen für Ihre Immobilie finden Sie beispielsweise im jährlichen Grundsteuerbescheid der Kommune oder in den Grundlagenbescheiden des Finanzamts, die Sie nach Kauf der Immobilie erhalten haben. Alternativ bzw. in manchen Fällen zusätzlich ist die Angabe der Gemarkung und des Flurstücks notwendig. Für Eigentumswohnungen und Teileigentum ist außerdem der Miteigentumsanteil wichtig, der auf die Wohnung oder das Teileigentum entfällt. Gemarkung, Flurstück und ggf. Miteigentumsanteile finden Sie im Grundbuchauszug oder im Kaufvertrag, den Miteigentumsanteil notfalls oft auch in der Hausgeldabrechnung der Hausverwaltung.
  • Fläche: Die Grundstücksfläche finden Sie im Kaufvertrag oder im Grundbuchauszug. Für Gebäude ist außer in Baden-Württemberg zusätzlich die Wohn- oder Nutzfläche anzugeben, die jedoch nicht immer im Kaufvertrag ausgewiesen wird. Hierzu braucht es eine Wohn-/Nutzflächenberechnung, die der Architekt erstellt hat oder die im Fall von Altbauten oder Umbauten ggf. neu erstellt werden muss.
  • Bodenrichtwert: Einige Bundesländer verzichten auf die Angabe des Bodenrichtwerts, weil dieser vom Finanzamt automatisch ermittelt wird oder für die Berechnung keine Rolle spielt (Bayern, Hamburg). Einen vorläufigen Eindruck vom Bodenrichtwert können Sie sich im Bodenrichtwertinformationssystem BORIS Für die Feststellungserklärung bauen die einzelnen Bundesländer aber separate Portale auf, weil hier teilweise abweichende Werte anzugeben sind. Die Adresse des jeweiligen Portals werden die Bundesländer in ihren Informationsschreiben an die Bürger mitteilen oder ab 1. Juli 2022 auf der BORIS-Seite veröffentlichen.

 

Grundsteuerreform: Änderungen für die Land- und Forstwirtschaft

Land- und forstwirtschaftliche Flächen werden bundeseinheitlich nach denselben Regelungen bewertet, die sich aber in bestimmten Punkten von den bisherigen Regelungen unterscheiden.

Für die Land- und Forstwirtschaft wenden alle Länder die Regelungen des Bundesmodells an. Daraus ergeben sich im Vergleich zu bisher folgende Änderungen:

  • Westdeutschland: In den westlichen Bundesländern kommt es durch die Reform zu einer Aufteilung der bestehenden wirtschaftlichen Einheiten. Wohngebäude oder Gebäudeteile, die innerhalb eines land- und forstwirtschaftlich genutzten Hofs Wohnzwecken dienen, sind mit den zugehörigen Freiflächen ab 2022 dem Grundvermögen zuzurechnen. Sie werden aus dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft herausgelöst und erhalten als eigenständige wirtschaftliche Einheit ein separates Aktenzeichen.
  • Ostdeutschland: In den ostdeutschen Bundesländern kommt es zum Wechsel von der Nutzer- zur Eigentümerbesteuerung. Danach ist nun der Eigentümer des Grundbesitzes zur Erklärungsabgabe verpflichtet und nicht mehr der Nutzer.

Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des Bewertungsgesetzes setzt weder eine Mindestgröße noch eine vollwertige land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung oder eine Selbstbewirtschaftung voraus. Auch einzelne, verpachtete genutzte Grundstücke können ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sein.

 

Grundsteuerreform: Zusammenfallen mit dem Zensus

Durch das Zusammenfallen von Zensus und Neubewertung des Grundbesitzes im Rahmen der Grundsteuerreform müssen viele Immobilieneigentümer dieses Jahr gleich zweimal Angaben zu ihrem Grundbesitz machen.

In diesem Jahr findet in Deutschland wieder ein Zensus statt, der oft auch als Volkszählung bezeichnet wird. Mit dem Zensus 2022 nimmt Deutschland an einer EU-weiten Zensusrunde teil, die seit 2011 alle zehn Jahre stattfinden soll. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der anstehende Zensus in das Jahr 2022 verschoben. Damit findet die ab Mai 2022 im Rahmen des Zensus stattfindende Gebäude- und Wohnungszählung nun fast gleichzeitig mit der Abgabe der Feststellungserklärungen zur Grundsteuerreform statt.

Eine parallele Datenerhebung ist unvermeidlich, da unterschiedliche Merkmale abgefragt und erhoben werden. Aus Datenschutzgründen können die Befragung im Rahmen des Zensus und die Erklärungsabgabepflicht gegenüber dem Finanzamt nicht zusammengelegt werden. Auch ein Austausch der abgefragten Daten untereinander ist deshalb ausgeschlossen. Daher müssen Immobilienbesitzer dieses Jahr beiden Erklärungspflichten nachkommen, wenn sie auch vom Zensus für die Befragung ausgewählt wurden.

 

Hilfsmaßnahmen für vom Krieg in der Ukraine Geschädigte

Für Spenden und andere Hilfsmaßnahmen zugunsten der Menschen aus der Ukraine gibt es umfangreiche Erleichterungen und Vereinfachungen.

Weltweit engagieren sich Menschen und Unternehmen für die Demokratie in der Ukraine. Die vielen Ankommenden aus der Ukraine erhalten persönliche und finanzielle Unterstützung von Bürgern und von Unternehmen. Diese Hilfsbereitschaft unterstützt der Fiskus mit einem umfangreichen Paket an Erleichterungen und Vereinfachungen für Spenden und andere Hilfsmaßnahmen. Die Regelungen gelten für Spenden und Hilfen, die vom 24. Februar 2022 bis 31. Dezember 2022 geleistet werden.

  • Spenden: Steuerzahler müssen zum steuerlichen Nachweis von Spenden auf ein Sonderkonto einer gemeinnützigen Organisation dem Finanzamt keine Spendenbescheinigung vorlegen. Unabhängig vom Betrag genügt der Einzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung der Bank als Nachweis.
  • Wohnraumüberlassung: Wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren (Hotelzimmer, Ferienwohnungen o.ä.), unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die aufgrund des Kriegs in der Ukraine geflüchtet sind, ist keine unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern und keine Vorsteuerkorrektur nötig. Beabsichtigen die Unternehmer bei Bezug von Strom, Wasser etc. eine unentgeltliche Beherbergung von Flutopfern oder Helfern, wird für den gleichen Zeitraum trotzdem der Vorsteuerabzug gewährt. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nicht besteuert.
  • Weitere Unternehmerhilfen: Unterstützungsleistungen durch Unternehmen für die vom Krieg in der Ukraine Geschädigten können als Sponsoring-Maßnahme gelten und damit als Betriebsausgaben abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen eine Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens anstrebt, was beispielsweise dadurch erreichbar ist, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam auf seine Hilfsleistungen aufmerksam macht. Außerdem fällt für die Verwendung betrieblicher Wirtschaftsgüter sowie die Erbringung sonstiger Leistungen (Personalgestellung) zu Hilfszwecken umsatzsteuerlich keine unentgeltliche Wertabgabe an.
  • Gemeinnützige Organisationen: Mittel, die gemeinnützige Vereine und Stiftungen im Rahmen einer Spendensonderaktion sammeln sowie nicht zur Verwirklichung ihrer eigenen satzungsmäßigen Zwecke benötigte Mittel können sie ohne Gefährdung der eigenen steuerlichen Anerkennung für die Unterstützung der Geschädigten verwenden, auch wenn dies in der Satzung nicht vorgesehen ist. Dies gilt sowohl für die unmittelbare Unterstützung durch die Organisation selbst als auch bei einer Weiterleitung an andere steuerbegünstigte Organisationen zur Verwendung für die Unterstützung geschädigter Personen. Bei vom Krieg in der Ukraine Geschädigten kann auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden. Weitere Erleichterungen gelten für die vorübergehende Unterbringung von Kriegsflüchtlingen sowie weitere Hilfsleistugnen durch gemeinnützige Organisationen oder deren Zweckbetriebe.

 

Auskunftsanspruch umfasst keine steuerlichen Auslandsbeziehungen

Der Auskunftsanspruch im Rahmen der Datenschutzgrundverordnung umfasst nicht die bei der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen gespeicherten Daten.

Zwar gibt die Datenschutzgrundverordnung den Bürgern in der EU recht umfassende Auskunftsrechte. Allerdings besteht die Pflicht einer Finanzbehörde zur Information der betroffenen Person nicht, wenn die Erteilung der Information die betroffene Person oder Dritte in die Lage versetzen könnte, steuerlich bedeutsame Sachverhalte zu verschleiern oder die Aufdeckung steuerlich bedeutsamer Sachverhalte wesentlich erschweren würde. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass kein Auskunftsanspruch über die bei der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen gespeicherten Daten besteht.

 

Müll und Abwasser sind keine haushaltsnahen Dienstleistungen

Müllabfuhr und Abwasserentsorgung durch die Kommune erfüllen nicht die Voraussetzungen einer haushaltsnahmen Dienstleistung.

Kosten für die Müllabfuhr und Abwasserentsorgung werden vom Finanzamt seit jeher nicht als haushaltsnahe Dienstleistung anerkannt. Das hat jetzt das Finanzgericht Münster bestätigt, weil die von der Gemeinde erbrachten Leistungen nicht in erster Linie im Haushalt des Steuerzahlers ausgeführt werden, auch wenn sie dort ihren Anfang nehmen.

 

Anspruch auf Vorsteuervergütung trotz fehlender formeller Angaben

Der Anspruch auf Vorsteuervergütung besteht auch dann, wenn bestimmte formelle Angaben im Vergütungsantrag fehlen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verlangt das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Unternehmer bestimmte formelle Voraussetzungen nicht erfüllt hat. Das Finanzgericht Köln hat deshalb klargestellt, dass der Fiskus den Anspruch auf Vorsteuervergütung nicht verweigern darf, wenn in der Anlage zum elektronischen Vergütungsantrag formelle Angaben wie die UStIDNr. bzw. Steuernummer des leistenden Unternehmers unterblieben sind. Bei unzureichenden Angaben im Antrag müsse die Finanzverwaltung die fehlenden Daten aus den mit dem Vergütungsantrag eingereichten Rechnungen entnehmen.